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Sterben Bienen und Hummeln an falscher Ernährung?

Bienen und Hummeln beziehen die meisten Nährstoffe aus dem Nektar und den Pollen von Blüten
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Professorin Sara Diana Leonhardt erforscht mit ihrer Arbeitsgruppe am Wissenschaftszentrum Weihenstephan der Technischen Universität München (TUM) die Interaktionen von Pflanzen und Insekten. Im Rahmen von Verhaltensversuchen analysiert ihr Team, wie Hummeln die Nahrungsqualität einschätzen und wie Nahrung unterschiedlicher Qualität ihr Wohlergehen beeinflusst.

Bienen sind sowohl für unsere Umwelt als auch unsere Ernährung wichtig. Ohne Bestäubung durch Tiere können sich viele Pflanzen, auch viele Nutzpflanzen, nicht vermehren. „Das Bienensterben hat demnach auch Auswirkungen auf das Nahrungsangebot für den Menschen“, so die Professorin für Pflanze-Insekten Interaktionen Sara Leonhardt. Sämtliche der weltweit über 20.000 Bienenarten seien hier in den Blick zu nehmen. Besonders wichtig sind dabei neben der Honigbiene auch Hummeln.

„Bienen beziehen die meisten Nährstoffe aus ihrer Hauptnahrungsquelle, Nektar und Pollen. Während Nektar hauptsächlich eine Quelle für Kohlenhydrate ist, enthält Pollen die meisten anderen benötigten Nährstoffe: Eiweiß, Fett, Mineralien und Vitamine. Bisher glaubte man, dass sie, wie andere Pflanzenfresser, dabei vor allem auf den Eiweißgehalt ihrer Nahrung achten“, erläutert Leonhardt. Mit einem zweistufigen mechanistischen Ansatz, der sowohl Lern- als auch Fütterungsversuche beinhaltet, beschreitet die Gruppe einen neuen Weg, um die Ernährungsgewohnheiten von Insekten buchstäblich unter die Lupe zu nehmen.

Welche Nährstoffe können Hummeln in Pollen schmecken? In Lernversuchen analysierten die WissenschaftlerInnen zunächst die Vorlieben der Hummeln für bestimmte Nährstoffe. Fabian Rüdenauer, Hauptautor der Studie, erklärt: „Wir konzentrierten uns auf Fett- und Aminosäuren, welche die beiden wichtigsten Pollenmakronährstoffe aufbauen und sehr wahrscheinlich von Bienen geschmacklich wahrgenommen werden können.“ Dazu wurden Pollen mit zunächst wenig Fettsäuren versehen und anschließend der Fettgehalt erhöht. Die Forschergruppe fand heraus, dass die Erdhummeln hier gut unterscheiden können und Vorlieben zeigen. Bei den Pollen mit Variationen im Aminosäuregehalt trafen die Hummeln keine Unterscheidungen.

Doch Welche Nährstoffe verwenden Hummeln tatsächlich, um ihr Sammelverhalten anzupassen, und welche Konsequenzen hat das für ihr Überleben und ihren Fortpflanzungserfolg? Das waren die Leitfragen bei den anschließenden Fütterungsversuchen. „Je mehr Fett im Pollen war, desto weniger haben die Hummeln gefressen“, fasst Leonhardt zusammen. Dabei nahmen die Hummeln sogar in Kauf, eher zu sterben, als fettreiche Pollen zu sich nehmen. Daraus schließt die Arbeitsgruppe, dass Fett in Pollen die Fortpflanzungsfähigkeit und auch das Überleben der Bienen beeinträchtigt und daher gemieden wird. Eine Variation des Aminosäureanteils in den Pollen hatte auch hier keine Auswirkungen auf das Fressverhalten.

„Unsere Studie unterstreicht die Bedeutung von Fett für pollensuchende Hummeln. Es zeigt sich auch, dass Nährstoffwahrnehmung, Nährstoffregulierung und reproduktive Fitness zusammenhängen“, so Dr. Johannes Spaethe von der Universität Würzburg, ebenfalls Leiter der Studie. „Die Bienen schmecken, was gut für sie ist, und sammeln entsprechend“, fasst Leonhardt die Ergebnisse zusammen.

Die Forschergruppe stellt aktuell einen Datensatz zur Pollenchemie zusammen, um einen Überblick über ein breites Pflanzenspektrum hinweg zu erhalten. Darüber hinaus erforscht sie die Nährstoffbedürfnisse weiterer Bienenarten. „Dadurch könnten künftig auch Blühmischungen und Schutzmaßnahmen wie Blühstreifen verbessert werden“, so der Ausblick der Forschenden. (Weitere Informationen zum Bienensterben https://naturheilkunde-kompakt.de/2019/02/20/weckruf-zur-insektenrettung/)

Dr. Ulrich Marsch, Technische Universität München

Originalpublikation: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/ele.13454