Die Politik muss in den kommenden Jahrzehnten alles daran setzen, die noch bestehenden natürlichen Lebensräume zu schützen, bereits verloren gegangene wiederherzustellen und vor allem die Ernährungsgewohnheiten und Nahrungsproduktion nachhaltig zu gestalten.

Eine neue Studie eines internationalen Wissenschaftlerteams unter der Leitung des IIASA untersucht erstmals so ehrgeizige Politikziele wie die Umkehrung globaler Biodiversitätstrends und zeigt auf, wie zukünftige Wege zur Erreichung dieses Ziels aussehen könnten.
„Wir wollten auf fundierte Weise beurteilen, ob es machbar ist, die vor allem durch Landnutzung abwärtsgerichtete Kurve der globalen Biodiversität umzubiegen, ohne andere Ziele der nachhaltigen Entwicklung zu gefährden“, erklärt David Leclère, Erstautor der Studie und IIASA-Forscher. „Und sollte sich dies tatsächlich als möglich erweisen, wollten wir auch herausfinden, wie wir dorthin gelangen können – genauer gesagt, welche Art von Maßnahmen in Bezug auf Landnutzung erforderlich wären und welche Kombinationen verschiedener Typen von Maßnahmen am wenigsten Kompromisse und am meisten Synergien hervorrufen.“
Die Studie untersucht anhand verschiedener Modelle und neu entwickelter Szenarien, wie integrative Politikansätze dazu beitragen könnten, die Biodiversitätsziele zu erreichen, und gibt Informationen über mögliche Wege, wie die Vision der Biodiversitätskonvention (CBD) der Vereinten Nationen für 2050 – „Leben in Harmonie mit der Natur“ – verwirklicht werden könnte.
Um den globalen Trend der Biodiversität an Land zu stoppen und eine Erholung bis 2050 oder früher zu ermöglichen, sind nach Ansicht der Forscher Maßnahmen in zwei Schlüsselbereichen erforderlich:
1) Ehrgeizige Anstrengungen zur Erhaltung und Wiederherstellung von Ökosystemen bei wesentlich effektiverem Management: Die Studie geht davon aus, dass Schutzgebiete schnell auf 40 % der weltweiten Landfläche ausgeweitet werden. Dies sollte mit verstärkter Wiederherstellung degradierter Flächen (die in den Studienszenarien bis 2050 etwa 8 % der terrestrischen Flächen erreichen) und einer Landnutzungsplanung einhergehen, die Produktions- und Erhaltungsziele auf allen bewirtschafteten Flächen in Einklang bringt.
2) Grundlegende Umgestaltung des Ernährungssystems: Da mutige Schritte zur Erhaltung und Wiederherstellung allein wahrscheinlich nicht ausreichen werden, sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um dem globalen Druck des Ernährungssystems auf die biologische Vielfalt zu begegnen. Die Forscher führen hier die Verringerung der Nahrungsmittelabfälle, eine umweltfreundlichere Ernährung, nachhaltige Intensivierung der Produktion und nachhaltigen Handel auf.
Integrierte Maßnahmen müssten jedoch in beiden Bereichen gleichzeitig ergriffen werden, um die Kurve des Biodiversitätsverlusts bis 2050 oder früher nach oben zu biegen.
Weitere positive Auswirkungen der Maßnahmen
„Eine grundlegende Umgestaltung der Ernährungs- und Landnutzungssysteme brächte außerdem einen erheblichen Zusatznutzen“, sagt Co-Autor Dr. Carsten Meyer vom iDiv. „Diese Maßnahme wäre ein großer Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele und verringerte den Druck auf die Wasserressourcen und den Überschuss an reaktivem Stickstoff in der Umwelt, was sich auch förderlich für die menschliche Gesundheit auswirkt.“
(idw) Volker Hahn, Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Originalpublikation: Leclere D, Obersteiner M, Barrett M, Butchart SHM, Chaudhary A, De Palma A, DeClerck FAJ, Di Marco M, et al. , incl. Meyer, C. (2020). Bending the curve of terrestrial biodiversity needs an integrated strategy. Nature.