Die Pollensaison hat begonnen – dies ist mittlerweile immer früher der Fall. Durch den Klimawandel gedeihen in unseren Breitengraden Pflanzenarten, die hier nicht heimisch sind. Mit gravierenden Folgen für Millionen von Allergikern allein in Deutschland. Denn Allergien sind nicht nur weltweit eine sehr häufige chronische Erkrankung, sie sind weiterhin auf dem Vormarsch: 30 Prozent aller Menschen in Europa leiden an einer Allergie – die meisten an einer Pollenallergie.

Pollenflug
© Jürgen Kottmann – stock.adobe.com

Die Folgen von allergischen Erkrankungen sind gravierend. Jahr für Jahr. So beträgt der – bei korrekter Behandlung vermeidbare – wirtschaftliche Schaden in der EU etwa 100 Milliarden Euro. Rund 30.000 Jugendliche brechen bundesweit aufgrund einer Allergie ihre Ausbildung ab und jede zehnte Krankschreibung in Deutschland ist auf eine Allergie zurückzuführen. Schulkinder mit einem unbehandelten Heuschnupfen leben mit einer 40-prozentigen Wahrscheinlichkeit, während der Pollensaison eine ganze Note in der Schule abzufallen. Etwa jedes sechste Kind leidet an einer allergischen Erkrankung.

Damit zählen Allergien auch zu den häufigsten chronischen Erkrankungen bei Kindern. Ein besonders hohes Risiko für allergische Erkrankungen haben Kinder, deren Eltern ebenfalls von einer Allergie betroffen sind: leidet ein Elternteil an einer Allergie, so liegt das Risiko des Kindes an einer Allergie zu erkranken, bei 20 bis 40 Prozent. Haben beide Eltern die gleiche Allergie, so steigt das Risiko des Kindes sogar auf 60 bis 80 Prozent. Aber dennoch werden nur zehn Prozent der Menschen mit Allergien richtig behandelt, obwohl es zuverlässige und effektive Behandlungsmöglichkeiten gibt.

Pollenflug in Deutschland: Status quo und Prognose 2023

Beinahe ist es so weit, dass sich die Zeit des Auftauchens der ersten Pollen der neuen Pollensaison mit dem Verschwinden der letzten Pollen der vorherigen Pollensaison überschneidet. Der Klimawandel führt zum einen dazu, dass die Pollen der Gräser und Kräuter länger in den Herbst hineinfliegen, während umgekehrt die Bäume früher im Jahr zu blühen beginnen.

Besonders betroffen sind dabei Hasel- und Erlenpollenallergiker. Haseln und Erlen reagieren ausgesprochen temperatursensibel und beginnen bei länger andauernden Mildphasen während der Wintermonate zu blühen. Im Zuge des Klimawandels treten diese Mildphasen hierzulande häufiger auf und auch die erreichten Temperaturen sind höher als noch in der Vergangenheit, wie uns der rekordwarme Jahreswechsel 2022/2023 deutlich gezeigt hat. Wo früher bei ähnlichen Wetterlagen kaum 10 °C erreicht wurden, sind es heute schnell mal 15 °C und mehr. Entsprechend schnell und früh im Jahr sind dann die Pollen der frühblühenden Baumarten startklar.

Früher Start der Pollensaison

So begann die Pollensaison 2023 im Südwesten des Landes direkt am ersten Tag des Jahres mit rekordverdächtigen Pollenkonzentrationen und mancherorts bereits hohen Haselpollenbelastungen – ein Novum in der Messhistorie. Verstärkt wird dieser Trend zur frühen Pollenbelastung durch die Neuanpflanzung allergener Baumarten in Städten, darunter beispielsweise die fremdländische und stadtklimarobuste Purpurerle, die ihre Pollen gerne schon um die Weihnachtszeit fliegen lässt, Wochen vor den heimischen Erlen.

Die Stiftung PID empfiehlt daher eine allergikerfreundliche Bepflanzung der Städte unter Vermeidung von Bäumen, die allergene Pollen freisetzen. Nach dem diesjährigen Schnellstart in die Pollensaison ist mit den tieferen Temperaturen seit Mitte Januar wieder etwas Ruhe in den Pollenflug eingekehrt. Im Westen und Süden hat jedoch die Erlenpollensaison begonnen. Wie hoch die Belastungen im Februar noch werden, hängt stark vom Witterungsverlauf ab. Sonnenschein und Temperaturen über 10 °C sind zu dieser Jahreszeit schon fast ein Garant für hohe Erlenpollenbelastungen.

Neuer Pollenflugkalender 5.0

Der Pollenflugkalender gibt Auskunft über das allgemeine Pollenflugverhalten einer Auswahl von in Deutschland häufigen Pollenarten, darunter allergologisch relevante Arten wie Birke und Gräser. Dazu gehören aber auch weniger relevante Arten wie Pappel oder Kiefer. Die Angaben basieren auf den Messdaten des Pollenmessnetzes der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst über einen Zeitraum von sechs Jahren. Der neue Kalender 5.0 umfasst die Daten der Jahre 2016 bis 2021 und löst damit den bisherigen Kalender 4.0 ab, der die Jahre 2011 bis 2016 einschloss.

Die rasch fortschreitende Klimaerwärmung tangiert nicht nur uns Menschen, sondern auch die Pflanzen, die hier wachsen. Pflanzen reagieren deutlich auf den bereits eingetretenen Wandel, insbesondere auf den Anstieg der Lufttemperatur. Dabei verändert sich über die Zeit nicht nur die Pollenmenge, sondern vor allem auch das Auftreten der Pollen im Jahresverlauf. Häufig kommt es zu einer schrittweisen Vorverlagerung des Blühzeitraums der betreffenden Pflanzen, wodurch sich über die Jahre auch der Zeitraum der Pollenexposition verschiebt. Ältere Pollenflugkalender müssen daher immer wieder durch neue Kalender ersetzt werden, die den aktuellen Trend widerspiegeln.

Starke Veränderungen bei der Hauptblüte

Die maximale Pollenexposition findet während der Hauptblütezeit statt, während der 80 Prozent der durchschnittlichen Jahresmenge der jeweiligen Pollenart fliegen. Anhand der Messdaten können wir zeigen, dass sich dieser wichtige Abschnitt der Pollensaison in der neuen, aktualisierten Version des Kalenders im Vergleich zum vorherigen Kalender für einige Pollenarten noch einmal deutlich verändert hat. Die Erle hat ihre Hauptblüte um ganze neun Tage vorverlegt. Diese beginnt bereits um den 13. statt wie zuvor um den 22. Februar.

Bei der Birke hat sich der Beginn der Hauptblüte gegenüber dem vorherigen Kalender um zwei Tage, gegenüber den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts sogar um sechs Tage nach vorn verschoben. Gräser und Kräuter reagieren insgesamt weniger empfindlich, sie fliegen im Wesentlichen im gleichen Zeitraum wie früher. Größere Veränderungen betreffen hier vor allem die Zeiträume der Vor- und Nachblüte. Konkret fliegen die ersten Gräser- und Kräuterpollen der Saison früher, die letzten dagegen später als noch vor einigen Jahren.

Quelle: European Centre for Allergy Research Foundation (Stiftung ECARF)