Eine neue Studie, die in der Zeitschrift Reproductive Toxicology veröffentlicht wurde, gibt einen Überblick über die aktuellen Erkenntnisse, die die Rolle der Ernährung als modifizierbarer Risikofaktor für weibliche Unfruchtbarkeit und schlechte Ergebnisse bei der In-vitro-Fertilisation (IVF) belegen.

Unfruchtbarkeit ist definiert als die Unfähigkeit, nach 12 Monaten ungeschützten Geschlechtsverkehrs schwanger zu werden und eine klinische Schwangerschaft zu erreichen. Aktuellen Schätzungen zufolge sind weltweit 15–20 % der Paare von Unfruchtbarkeit betroffen.
Einflussfaktoren auf Fruchtbarkeit im Zentrum der Forschung
Die steigenden Unfruchtbarkeitsraten haben dazu geführt, dass sich Forscher zunehmend für die Identifizierung veränderbarer Lebensstil- und Umweltfaktoren interessieren, die die reproduktive Gesundheit beeinflussen können. Die potenziellen Auswirkungen bestimmter Ernährungsmuster wie der mediterranen und der westlichen Ernährung sowie bestimmter Lebensmittel auf die Unfruchtbarkeit wurden ebenfalls umfassend untersucht.
In der aktuellen Studie untersuchen die Forscher die komplexe Beziehung zwischen Ernährung und Fruchtbarkeit, wobei sie sich insbesondere auf Kohlenhydrate, Proteine und Fettsäuren konzentrieren.
Kohlenhydrate und Fruchtbarkeit
Kohlenhydrate, die beim Menschen die Hauptenergiequelle darstellen, regulieren den Glukosestoffwechsel und die insulinvermittelte Glukosekontrolle. Kohlenhydrate reichen von Monosacchariden oder Einfachzuckern bis hin zu komplexen Molekülen wie Polysacchariden aus Pflanzenzellwänden und bestimmten Oligosacchariden. Der glykämische Index (GI) und die glykämische Last (GL) sind Werte, die angeben, wie Kohlenhydrate den Blutzuckerspiegel beeinflussen.
Die GL kann durch den Verzehr komplexerer unverdaulicher Kohlenhydrate, wie sie in löslichen Ballaststoffen oder Vollkornprodukten enthalten sind, gesenkt werden. Ein höherer Vollkornverzehr wird mit einer höheren Schwangerschafts- und Lebendgeburtenrate in Verbindung gebracht. Ebenso hat sich gezeigt, dass der Verzehr von mehr Gemüse die Embryoqualität nach einer intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) verbessert.
Die Aufnahme von Kohlenhydraten und deren Abbau scheinen auch die Funktion der Eierstöcke zu regulieren. In der Nurses‘ Health Study II (NHS II) aus dem Jahr 2009 war das Risiko einer ovariellen Unfruchtbarkeit bei Frauen, die mehr Kohlenhydrate zu sich nahmen, um etwa 80 % höher als bei Frauen mit dem niedrigsten Quintil der Kohlenhydrataufnahme.
Kohlenhydratärmere Ernährung = höhere Fruchtbarkeit?
Eine Ernährung, bei der weniger als 45 % der Gesamtenergiezufuhr aus Kohlenhydraten besteht, verbessert nachweislich die Symptome des polyzystischen Ovarialsyndroms (PCOS), indem sie den Spiegel des follikelstimulierenden Hormons (FSH) und des sexualhormonbindenden Globulins (SHBG) erhöht und gleichzeitig den Testosteron- und Insulinspiegel senkt. Bei übergewichtigen oder fettleibigen PCOS-Patienten korreliert dies mit einer Gewichtsreduktion.
Bei einer hypokalorischen Ernährung, bei der die Hälfte der täglichen Kalorien aus Kohlenhydraten stammt, wurden bei unfruchtbaren und fettleibigen unfruchtbaren Frauen während der IVF eine größere Anzahl von Eizellen entnommen und höhere klinische Schwangerschafts- und Lebendgeburtenraten verzeichnet. Der Konsum von zuckerhaltigen Limonaden stand jedoch auch in einem schwachen Zusammenhang mit einer geringeren Anzahl von entnommenen Eizellen und Embryonen bei Eierstockstimulationszyklen sowie mit einer geringeren Lebendgeburtenrate.
Eiweiße und Fruchtbarkeit
Ein gesunder Erwachsener sollte 0,8 g/kg Eiweiß pro Kilogramm (kg) Körpergewicht zu sich nehmen. Die Aufnahme von tierischen Proteinen wurde im Vergleich zu pflanzlichen Proteinen positiv mit Störungen des Eisprungs in Verbindung gebracht. Es hat sich gezeigt, dass ein Anteil von 5 % der Energiezufuhr durch pflanzliche Proteine anstelle von tierischen Proteinen das Risiko von Eierstockstörungen um mehr als 50 % verringert.
Der Verzehr von Milchprodukten und Soja wurde mit besseren Ergebnissen bei der IVF in Verbindung gebracht. Dies liegt daran, dass Soja Phytoöstrogene enthält, eine Klasse von Isoflavonen, die in ihrer Struktur dem Östrogen ähneln und durch die Bindung an den Östrogenrezeptor eine schwache östrogene Wirkung entfalten.
Fette und Fruchtbarkeit
Mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren (ω-3-PUFAs) und Omega-6-PUFAs (ω-6-PUFAs) sind in verschiedenen Arten von Lebensmitteln enthalten. So sind ω-3-PUFAs häufig in Fisch wie Lachs, Makrele, Sardinen und Thunfisch sowie in Nüssen, Samen und Pflanzenölen enthalten. Im Vergleich dazu sind ω-6-PUFAs, die ebenfalls in Nüssen, Samen und Ölen vorkommen, häufig in Geflügelfleisch, Fisch und Eiern enthalten.
Die Auswirkungen dieser Fette auf die IVF-Ergebnisse sind noch nicht endgültig geklärt; allerdings scheinen die Chancen auf eine Schwangerschaft mit einem erhöhten Verzehr von ω-3-PUFA zu korrelieren.
Bestimmte Lebensmittel wie Fisch können jedoch die Belastung durch persistente organische Schadstoffe wie Methylquecksilber und Dioxine erhöhen. In ähnlicher Weise kann der Verzehr von Gemüse und Obst das Risiko einer Pestizidbelastung erhöhen.
Originalpublikation: Budani MC, Tiboni GM. Nutrition, female fertility and in vitro fertilization outcomes. Reproductive Toxicology 2023. DOI: 10.1016/j.reprotox.2023.108370.
Quelle: News-Medical.Net