Über die Regulation des Immunsystems bietet der Einsatz der Mikroimmuntherapie in der naturheilkundlichen Praxis u.a. bei chronischen Erkrankungen vielversprechende Möglichkeiten. Die Therapeutin und Autorin des „Praxisbuchs der Mikroimmuntherapie“ gibt einen ersten Einblick und teilt ihre Erfahrungen mit dieser Therapie.
Ein Interview mit Heilpraktikerin und Autorin Dr. phil. I Corinne I. Heitz
Dr. phil. I Corinne I. Heitz arbeitet seit über 25 Jahren in eigener Praxis in der Schweiz. Schwerpunkte ihrer Praxistätigkeit sind die Diagnostik und Therapie chronischer, insbesondere autoimmuner Erkrankungen sowie begleitende Krebstherapien, vor allem die Mikroimmuntherapie (MIT). Sie ist Fachbuchautorin und Referentin im Rahmen zahlreicher internationaler Veranstaltungen zu Naturheilkunde und Alternativmedizin.
Wie sind Sie zur Therapie Mikroimmuntherapie in Ihrer Praxis gekommen?
C. Heitz: Mein Interesse galt seit Beginn meiner Tätigkeit als Heilpraktikerin dem autoimmunen und chronischen Krankheitsgeschehen. Mir fehlte jedoch nicht nur eine zuverlässige wissenschaftliche Basis, sondern vor allem ein therapeutischer Ansatz dafür. Ich suchte schon damals nach Epstein-Barr-Viren im Blut und wusste um die Wichtigkeit der HLA (Humane Leukozyten-Antigene).
Dank dreier Flaschen Wein, den Überredungskünsten eines Kollegen und meiner ungebrochenen Neugier flog ich circa 1999 zu einer Fortbildung nach Mallorca. Der Kurs war genial – sprachen doch zum ersten Mal altgediente Ärzte von jenen Theorien, die ich schon kannte und von denen ich gehört hatte: von chronischen oder reaktivierten viralen Prozessen, von Autoimmunität und selbst vom genetischen Code. Hier war ich zu Hause!
Zu Hause beim Epstein-Barr-Virus, bei Herpes und Toxoplasmose. Mein langes Suchen und Erkunden wurde bestätigt und nicht nur das: Es gab auch noch ein therapeutisches Konzept dazu. Das war der Durchbruch für mich und meine Praxis. Ich machte sämtliche Lehrgänge in Mikroimmuntherapie und habe das sofort in meine Praxis integriert.
Was versteht man unter immunologischen Erkrankungen?
Immunologische Erkrankungen sind Krankheiten, die durch Probleme mit dem oder im Immunsystem des Körpers verursacht werden. Das Immunsystem ist ein komplexes Netzwerk von Zellen, Geweben und Organen, das den Körper vor Infektionen, Krankheitserregern und Fremdstoffen schützt. Wenn das Immunsystem aus dem Gleichgewicht gerät, kann es jedoch zu verschiedenen Störungen führen, die als immunologische Erkrankungen bezeichnet werden.
Beispielhaft für immunologische Erkrankungen sind Autoimmunerkrankungen, bei denen das Immunsystem gesunde Körperzellen und -gewebe angreift und schädigt, als ob sie „fremd“ wären, wie rheumatoide Arthritis, Lupus, Multiple Sklerose oder Diabetes Typ 1.

Oder Allergien, bei denen das Immunsystem auf eigentlich harmlose Substanzen wie Pollen oder Nahrungsmittel reagiert und eine Reaktion auslöst. Beispiele hierfür sind Heuschnupfen, Asthma und Nahrungsmittelallergien.
Auch Immundefekte zählen dazu. Hier funktioniert das Immunsystem nicht richtig und kann so den Körper nicht ausreichend vor Infektionen schützen. Das ist zum Beispiel bei AIDS (ausgelöst durch das HI-Virus) oder der angeborenen Immundefizienz das Fall.
Außerdem gibt es noch entzündliche Erkrankungen, durch die das Immunsystem durch verschiedene Faktoren chronisch aktiviert ist und so Entzündungen im Körper verursacht. Beispiele hierfür sind Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und Psoriasis.
Wo setzt die Mikroimmuntherapie bei immunologischen Erkrankungen an?
Die Mikroimmuntherapie basiert auf der Idee, dass das Immunsystem komplexe Kommunikations- und Regulierungsprozesse durchführt. Sind diese gestört, kann das zu Krankheiten führen. Ziel der Mikroimmuntherapie ist es, gestörte Prozesse zu verhindern und die gesunde Balance wiederherzustellen, indem sie auf die spezifischen Regulations- und Kommunikationsmechanismen des Immunsystems abzielt.
Dabei verwendet die MIT niedrig dosierte Immunpräparate, die aus spezifischen Zytokinen, Wachstumsfaktoren und anderen immunmodulierenden Substanzen bestehen. Diese Präparate können das Immunsystem gezielt regulieren, um eine bessere Abwehrreaktion gegen Krankheiten zu erzielen.
Die Mikroimmuntherapie wird in der Praxis bei verschiedenen Krankheiten eingesetzt, darunter chronische Infektionen, Autoimmunerkrankungen, Allergien, Erschöpfungszustände oder Krebs. Sie kann auch bei der Vorbeugung von Krankheiten eingesetzt werden – insbesondere bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem. Die Anwendungsbereiche sind vielfältig.

Wie läuft eine Mikroimmuntherapie-Behandlung in der Praxis mit dem Patienten ab?
Wenn ein Patient das erste Mal in die Praxis kommt, wird wie bei allen anderen Therapieformen eine gründliche Anamnese erstellt. Aufgrund des angegebenen Beschwerdebildes sind meist gezielte Blutuntersuchungen sinnvoll. Für die Mikroimmuntherapie ist sowohl ein Immunstatus wie die Serologie (spezifische Erreger) von Bedeutung. Nach Analyse der Befunde wird die Therapie festgelegt.
In der Regel wird akut vor chronisch, Klinik vor Befund therapiert. Das heißt, ein akuter Infekt wird sicherlich vor einem chronischen Infekt behandelt. Die Reaktivierung des Epstein-Barr-Virus steht meist im Vordergrund, weil durch die Reaktivierung weitere Infekte und Krankheiten entstehen können.
Welche Ausbildung beziehungsweise welche Kenntnisse sind die Voraussetzung für den Einsatz der Mikroimmuntherapie in der Praxis?
In der Regel benötigt man ein grundlegendes Verständnis der Immunologie, insbesondere der Funktionsweise des Immunsystems und seiner Rolle bei der Entstehung von Krankheiten. Ebenso sollte man lernen, welche Erreger oft und wiederkehrend für chronische und autoimmune Erkrankungen ursächlich verantwortlich sein können.
Man sollte mindestens die Basisausbildung der MIT absolvieren, um in der Lage zu sein, die geeigneten Mittel aufgrund der Diagnostik auszuwählen.
Um ihre Fähigkeiten in der Mikroimmuntherapie zu verbessern, können Interessierte spezielle Kurse und Schulungen absolvieren, die zum Beispiel von der MeGeMIT (Medizinische Gesellschaft für Mikroimmuntherapie) oder von meiner Akademie (naturheilkunde-akademie.com) angeboten werden. Es ist wichtig, sich regelmäßig über die neuesten Entwicklungen in der Mikroimmuntherapie zu informieren, um die Patienten bestmöglich zu behandeln.
Mit welchen anderen Therapien lässt sich die Mikroimmuntherapie gut verknüpfen?
Die Mikroimmuntherapie lässt sich grundsätzlich mit fast allen ganzheitlichen Therapien kombinieren. Aufpassen muss man eventuell bei Therapien, die das Immunsystem „stärken“ sollen. Die MIT geht diesbezüglich sehr gezielt und erst nach Diagnostik (Immunstatus) vor. Darmtherapien, Akupunktur, manuelle Therapien, Homöopathie, Phytotherapie (Cave: immunsystemtriggernde Pflanzen [Echinacea, Mistel und andere] sollten mit der MIT abgestimmt werden) können beliebig hinzugenommen werden. Besonders gut lässt sich die MIT kombinieren mit der Isopathie (Sanum®) und sämtlichen Organpräparaten von zum Beispiel Wala® oder Weleda®.
Vielen Dank für das Interview.
Das Interview führte Ramona Kretschmann, ML Verlag in der mgo fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach.
Nutzung und Abdruck nur mit Genehmigung des Verlags.
Fachbücher von Dr. phil. I Corinne I. Heitz
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