Chronische Schmerzen sind in Deutschland ein Volksleiden. Die Deutsche Schmerzgesellschaft e. V. schätzt die Anzahl der Betroffenen auf bis zu 16 Millionen. Aufgrund der großen körperlichen und seelischen Belastung bringen chronische Schmerzen häufig eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität mit sich. Durch die Kombination unterschiedlichster Ansätze erzielt das komplexe Feld der Schmerztherapie vielversprechende Erfolge.

Um Schmerzpatientinnen und -patienten in Zukunft besser versorgen zu können und die Forschung voranzutreiben, bietet die DIPLOMA Hochschule ab dem Wintersemester 2023 / 2024 einen neuen Master-Fernstudiengang an: „Komplementäre Heilverfahren in der Schmerztherapie“. Prof. Dr. Udo Stern ist als Studiendekan für den neuen Studiengang verantwortlich.
An wen richtet sich der neue Studiengang?
Prof. Dr. Udo Stern: Der Masterstudiengang ist an alle adressiert, die ihr Wissen um ganzheitliche Methoden und multiperspektivische Schmerzbewältigung erweitern möchten. Zur Zielgruppe gehören in erster Linie die verschiedenen Professionen der Gesundheitsfachberufe – vom Physiotherapeuten bis zur Ärztin. Ein Ziel des Studiengangs ist es, fachübergreifend und kooperativ Schmerztherapien weiterzuentwickeln, um Denkweisen oder Methoden aus verschiedenen medizinischen Disziplinen schmerztherapeutisch zu integrieren.
Welchen Nutzen werden Schmerzpatientinnen und -patienten haben, wenn sie sich an eine Masterabsolventin bzw. einen -absolventen unseres Studienganges wenden?
Prof. Dr. Udo Stern: Die Betroffenen werden einen ganz praktischen Nutzen haben: Die Absolventinnen und Absolventen können ihre Handlungskompetenzen aus diversen Bereichen spezifischer Schmerztherapie direkt praktisch anwenden. Dazu gehören auch psychologische, entspannungstherapeutische Konzepte und die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsprofessionen.
Die Wirkmechanismen der Phytotherapie (Heilpflanzen) oder der Akupunktur sind mit modernen wissenschaftlichen Studien ausreichend belegt. In der Praxis akzeptieren diese jedoch längst nicht alle Therapeutinnen und Therapeuten. Wie kann der neue Studiengang in die Bereiche Therapierende, Behandlungspläne und ggf. auch Forschung wirken?
Prof. Dr. Udo Stern: Die wissenschaftliche Evidenz zur Wirksamkeit zu Phytotherapie oder Anwendung von Akupunktur liegt seit Langem vor. Vergleichende Studien zur Wirksamkeit bei schmerzhaften Erkrankungen des Bewegungsapparates oder bei Migräneschmerz weisen dies umfänglich nach. Das Problem scheint mir mehr die Lobby für die Anwendung komplementärer Verfahren bei Schmerztherapeuten zu sein. Daher ist es unser Ziel im Masterstudium, den integrativen Ansatz, den wir evidenzbasierend vermitteln, mit konventionellen Therapieverfahren und komplementär-erfahrungsmedizinischen Methoden zu verknüpfen. Wir können erfreulicherweise die naturheilkundliche Forschung durch eine Forschungsprofessur voraussichtlich schon ab dem Wintersemester 2023 / 2024 vorantreiben. Forschung an unserer Hochschule wird somit ein wesentlicher Bestandteil auch des neuen Studienganges sein. Ich bin schon sehr auf die ersten Studienergebnisse gespannt.
Die DIPLOMA ist in Deutschland die erste Hochschule, die sich der komplementären Schmerztherapie so fokussiert mit einem eigenen Studiengang widmet. Gibt es Vorbilder in anderen Ländern?
Wir können viel von der Systematik lernen, mit der die Amerikaner an das komplexe Thema Schmerztherapie herangehen. In den USA ist man bereits offen für die Vielfalt methodischer Ansätze. Die Amerikaner wagen einen multi-perspektivischen Blick weit über konventionelle Methoden hinaus. Dies eröffnet an vielen Stellen ganz neue Perspektiven für Schmerzpatientinnen und -patienten, denn Schmerz wird als individuelles, subjektives Erleben definiert, bei dem die Schmerzverarbeitung mit ihrer individuellen Intensitätswahrnehmung im Mittelpunkt steht. Damit wird das Paradigma, Schmerz sei ein lineares, auf Ursache und Wirkung beruhendes Prinzip, aufgelöst. Die Amerikaner haben bereits nützliche Hinweise dafür erarbeitet, dass der Teufelskreis, in dem sich Betroffene befinden, multimodaler und interdisziplinärer Therapieansätze bedarf.